Walter FEDERN
105-20, 66 Avenue, September 28, 1953 Lieber Dr. Velikovsky: Ich war natürlich schon etwas besorgt wegen Ihres langen Schweigens und freue mich sehr über die Nachricht, dass Sie leben und gesund sind und Ihre Arbeit gut fortschreitet. Gesundheitlich geht es mir derzeit weniger schlecht als im Frühling, aber schlechter als vor einem Jahr. Im Juli war mein Zustand entsetzlich, der August brachte dann endlich die allsommerliche Besserung (die vor zwei Jahren im Juni begann, voriges Jahr im Juli), aber sie hielt nur 5 Wochen an, und genügte nicht dazu, mir das Erreichen der Subway zu ermöglichen, geschweige denn eine Benützung der Bibliothek. So besteht also (zunächst) auf ein weiteres Jahr keine Möglichkeit, dass ich wieder für Sie arbeite, und dass ich jemals wieder zur Ägyptologie zurückkehren könnte, scheint völlig ausgeschlossen. Auch für das Werk meiner Mutter habe ich noch nichts unternehmen können, dazu müsste ich ja irgendwie mit fremden Menschen in Verbindung treten können. Mit der Übersetzung des Buches meines Vaters bin ich vor 4 Wochen fertig geworden, aber nun beginnt das Ausfeilen und das erweist sich als ebenso mühselig und langwierig wie die erste Niederschrift. So wird mich diese Arbeit wohl noch ein zweites Jahr vollständig in Beschlag nehmen, immerhin besteht die Möglichkeit, dass das Endresultat halbwegs zufriedenstellend ausfallen wird. In der englischen Ausgabe ist durch die Ungeschicklichkeit der Bearbeiter die Hälfte der Kapitel oft bis zur völligen Sinnlosigkeit entstellt worden. Der deutschen Ausgabe droht ähnliches, wenn ich nicht noch mindestens ein Jahr lang am Leben bleibe. Und auch sonst quält mich der Gedanke an den allzunahen Tod. Seelisch geht es mir insoferne besser als die ausgesprochen katatonischen Erschöpfungszustände aufgehört haben (eine Diät-Dummheit dürfte die Schuld an ihnen getragen haben). An ihre Stelle ist eine Dauerdepression getreten, die augenblicklich besonders heftig ist, und die durch die Wirklichkeit des ständig fortschreitenden körperlichen Verfalls, von dem das Nicht-mehr-gehen-können ja nur ein besonders auffälliges Symptom ist, vollauf gerechtfertigt erscheint. Genug davon ! Mit herzlichsten Grüssen an Sie und Ihre Frau Ihr einstiger Walter Federn |