PreviousBy nameBy dateNext

17. XI. 72


Lieber Dr. Velikovsky!

Vielen Dank für Ihren Brief, dem ich mit Freude entnehme, dass die Sache vorwärts geht. Ich beziehe Pensée so regelmässig, wie es die hiesigen Devisenbestimmungen erlauben.

Es gibt ein Thema, das Sie einmal angeschnitten haben und über das sich ein insbesonders ausgeprägtes Stillschweigen - allerseits - ausbreitet. Ich meine den Abschnitt “The confusion of Hyksos and Israelites and the beginning of anti-Semitism” . Die dort enthaltene Information ist von grosser Bedeutung, nicht allein für die Juden, sondern auch für sämtliche andere Völker.

Sie haben überzeugend aus den Quellen dargestellt, aus welchem Grund die Hyksos (Amalekiter) sich den Hass ihrer Umgebung zuzogen. (“The invaders were utterly cruel;... They left a deep feeling of hatred in the people of Egypt... They... were unspeakably cruel in many other ways... They left in the people of Israel an intense feeling of hatred” Ages in Chaos, p. 90-93). Amalek war die 11. Plage. Das haben Sie im Abschnitt “Malakhei-Roim - King-Shepherds” anhand des missverstandenen Bibeltextes (Psalm 78:49) klar dargetan. In der ??? erscheint übrigens dieselbe falsche Wiedergabe: “??? ???” .

Bereits in meinem Schreiben vom 14. April 1962 an Sie habe ich meiner Überzeugung Ausdruck gegeben, dass die manethonische Verwechslung der Hebräer mit den Hyksos weder accidental noch deliberate geschah (vgl. a. a. O., p. 81), sondern eine Fehlleistung darstellt. Diese entspricht einem unbewussten Bedürfnis des Zeitgeistes. Es erhebt sich die Frage, wann und durch welchen Erregungshintergrund die Juden zum Hassobjekt wurden, auf das die zeitgenössischen Völker ihre unbewussten Regungen abluden. Freud hat den Zeitpunkt intuitiv erfasst: “Das Schuldbewusstsein jener Zeit war längst nicht mehr auf das jüdische Volk beschränkt, es hatte ein dumpfes Unbehagen, als eine Unheilsahnung, deren Grund niemand anzugeben wusste, alle Mittelmeervölker ergriffen” (Moses, sein Volk, und die monotheistische Religion, 16. Bd., 1932/37, S. 243). Für die Unheilstimmung jedoch findet Freud keine befriedigende Erklärung. Gemeinsam mit Kant bleibt er die Antwort schuldig, auf welche Weise sich der bestirnte Himmel mit der Entstehung der Moralbegriffe verquickt: “Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfters und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir” (vgl. darüber The Velikovsky Affair, p. 84). Und doch, es fehlt nicht an Hinweisen, die den Tag der Gesetzgebung mit bedrohlichen Himmelszeichen verknüpfen. “The approach of a star toward the earth in the days of the revelation at Sinai is implied by the text of the Tractate Shabbata...” (WiC., p. 95). Moses hatte eindringlich an das Sündengefühl des Volkes appelliert: “??? ???” .

Diese Ankündigung impliziert auch die Drohung, dass falls den Geboten nicht Folge geleistet würde, die Erscheinung sich wiederholen könnte. Auf diese Weise macht man sich nicht beliebt. Anna Freud hat die menschliche Natur erkannt. Sie sagt: “Ein Ich [...] ist imstande, seine verbotenen Regungen nach aussen zu projizieren... Das Wüten gegen den Schuldigen in der Aussenwelt dient ihm als Vorläufer und Ersatz des Schuldgefühls” (Das Ich und der Abwehrmechanismus, 1946, S. 136). Hier liegen die Triebfedern zum Antisemitismus. Sie sind es, die die Feder Manetho’s lenkten und ihn an Stele von Sharuhen Jerusalem schreiben liessen. Schliesslich hat es nur 2 Tage gebraucht, um aus dem Australier Rohan, der die El-Aksa Moschee anzündete, einen Herrn Cohen zu machen.

Das neue Testament fand starken Anklang, weil es an einigen Stellen erklärt, dass der Opfertod Jesus’ die Welt vom Fluche des Gesetzes erlöst hat. Auch Luther wettert gegen das Gesetz und predigt: Wenn das Gesetz nicht wäre, dann gäbe es keine Sünde und keinen Tod. In meiner Schrift Melencolia I habe ich darüber mehr ausgeführt.

Der mit der Offenbarung verbundene Schrecken und das mit ihr gleichzeitig erweckte Schuldgefühl haben sich in der Gestalt des Juden symbolisiert. “Kein anderes Volk veranlasst eine derartige Regression zu primitivem Terror [...] unter zivilisierten Nationen” (Maurice Samuel, The Great Hatred, 1943, S. 12). Täglich liest man in der Zeitung und hört im Radio, man müsse den Terror bekämpfen. Heute wurde sogar verlautet, es handle sich darum zu definieren, was Terror eigentlich sei. Ich halte das für ein sehr löbliches Unterfangen. Erachte es aber gleichzeitig für vergebliche Liebesmüh, solange man nicht bereit oder imstande ist, der Sache wirklich auf den Grund zu gehen.

Ich glaube, dass Terror ein passenderer Titel wäre, als das s. Z. vorgeschlagene Great Fear.

Ich halte es auch für erstaunlich, dass bisher kein Psychoanalytiker oder sonstiger Psychologe es der Mühe für wert gehalten hat, sich mit dem Triebverzicht zu beschäftigen, der in der folgenden, am Offenbarungstag gegebenen Weisung liegt: “??? ???” .

Bezüglich der Hyksos möchte ich noch etwas nachtragen. Gleichzeitig mit dem verhassten Stern tauchte dieses Nomadenvolk auf, das das kultivierte Ägypten zerstörte. In der damaligen Vorstellungswelt hielt man sie für Sprösslinge des Unheilsternes. In der Inschrift des Schreines von El-Arish ist von den Kindern des Drachen Apep, von den Übeltuern, die Rede. Die Königshirten (King-Shepherds) verdanken ihren Namen nicht dem Umstand, dass sie etwa königlichen Geblüt’s waren, sondern der Auffassung, dass sie von ??? abstammen. Auch in dem Wort Amalek spiegelt sich diese Herkunft. Ich will mich nicht zu weit verlieren, aber an sagenhaften Völkern, die bei einbrechender Dunkelheit ein Land überfallen, fehlt es nicht. Die nordischen Muspilli werden aus dem Blut des im letzten Kampfe verwundeten Gewittergottes gedacht. Auch der “bloody star Ra” (cf. WiC., S. 95) litt in der Legende an einer Kastrationswunde (vgl. solarer Typhon). Natürlich waren die Juden schuld daran, denn es heisst: “Liquet igitur, istatui Typhonis exitium, ubi egere Israelitae Augypto egressi, qui eum per diderunt” (Gerardi Joannis Vossii de Theologia Gentili..., 1641, Idolatr? Liber, I, 193). Hier liegt die Wurzel und der erste Hinweis für den den Juden angedichteten Gottesmord!

I hope, you will take this all in good spirit and remain,

cordially yours



PreviousBy nameBy dateNext