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Kritik der Freud’schen Stellungnahme zur Parapsychologie.

Wenn man sich für einen Skeptiker
hält, tut man gut daran, gelegentlich
auch an seiner Skepsis zu zweifeln”.

(Freud)

 

Was nicht sehen wollen beduetet hat uns die Psychoanalyse gelehrt. Freud drang in die Tiefen der menschlichen Seele ein, wie kein anderer vor ihm, jahrzehntelang beschäftigte er sich mit den Problemen des Verborgenen in der Psyche, und dabei bemerkte er scheinbar nicht die Erscheinungen der Parapsychologie, von denen die Telepatie experimentell wiederholt bewiesen ist. Es gibt wohl noch viele ehrbare Gelehrte, für die diese Erscheinung unter Zweifel steht, und eine grosse Zahl sogar von solchen, die die Realität der Telephatie mit aller Entshiedenheit abstreiten. Aber auch noch nicht so lange her haben Lavoisier und Franklin—die allerdings keine Psychologen von Fach waren—die Mesmerischen Phänomene als Betrug bezeichnet; heute aber ist die Hypnose (wenn auch möglicherweise oft mit Charlatanerie verbunden) selbst jedoch als eine Tatsache anerkannt.

An den Erscheinungen der Telepatie in unseren Tagen einen Zweifel zu hegen, ist vielleicht einem belibigen Menachen noch verzeihlich, nur nicht einem Psychologen wie Freud.

Wie konnte dies geschehen, dass Freud erst in seinem 77sten Lebensjahr dazu kam, in dem dritten Band seiner Vorlesungen ein Kapitel dem Trauma und Okkultismus einzuräumen? Und er tat er so, dass seine Stellungnahme auch in weiterem, trotz des angeführten Materials, unentschieden geblieben ist. Seine Stellungnahme in der zitierten Arbeit ist unsicher: “Gestatten Sie mir mum dass, ich für den Zweck meiner beabsichtigten Mitteilung das vorsichtige Wörtchen “angeblich” weglasse und so fortsetze, als glaubte ich an die objektive Realität der telepathischen Phänomens. Aber halten Sie daran fest, dass dies nicht der Fall ist, dass ich mich auf keine Ueberzeugung festgelegt habe.”

Und an einer anderen Stelle derselben Arbeit einige Sätze, die (die) schwankende Stimme in einen mutigen Ton übergehen lasst.

“Ihnen wäre es gewiss lieber, ich hielte an einem gemässigten Theismus fest und zeigte mich unerbittlich in der Ablehnung alles Okkulten. Aber ich bin unfähig, um Gunst zu werben, ich muss Ihnen naha legen, über die objektive Möglichkeit der Gedankenübertragung und damit auch der Telepathie freundlich zu denken.”

“Diese Probleme . . . als sie vor länger als zehn Jahren zuerst in meinen Gesichtakreis traten, verspürte auch ich die Angst vor einer Bedrohung underer wissenschaftlichen Weltanchauung, die im Falle, als sich Stücke des Okkultismus bewahreiten, dem Spiritismus oder der Mystik den Platz räumen müsste.”

Von zehn Jahren - die bedeutet nach Eracheinen seiner meisten Werke - trat dies es Protlem zuerst in den Gesichtskreis von Freud, nachdem er ein Menschnalter lang die Double conscience—Spaltung der Persönlichkeit—die mit ihren gelegentlichen Kryptomnesien und Kryptostesien, in das Krankheitsbild der Hysterie, der Paranoia, der Schizophrenie, der Zwangsneurose unaufhörlich hineinspukt, erforschte.

Wie konnte es auch schliesslich sein, dass ein geistiger Schüler von Flournoy dessen Le benswerk unbeachtet liess? Schon nicht gesprechen davon, dass dem scharfen Auge und der Beobachtungagbe des Psychoanalytiders nicht nur die Forschungen von James, Janet, Richet, Mac Dougall, Prince u. a. sondern die Tatsachen selbst beim Zusammenkommen mit so vielen Hysterikern und Neurotiken unmöglich entgehen konnten.

Wir haben den Eindruch, dass die besten Beispiele, die Freud begebnen konnten, von ihm nicht festgehalten sind, da es schwer denkbar ist, dass ein Psychologe im Laufe eines Lebens nicht bessere Beispiele bemerken würde.

Im ganzen sind fünf Beispiele der ev. parapsychologischen Phänomene in dem Kapitel über “Traum und Okkultismus” gebracht.

Erstes Beipiel: (gekürzt) Ein Mann träumt, dass seint Frau Zwillinge geboren hat. Dieselbe Nacht gebärt seine Tochter (die Stieftochter seiner Frau) ein Zwillingspasr.

Der Mann konnte den besonders hohen Leib seiner Tochter bemerken und ein Zwillingspaar vermuten; das Datum war, wie meistens, für einige benachbarte Tage im Voraus ausgerechnet. Dies sieht auch Freud ein.

Zweiter Beispiel: Eine Frau von 27 Jahren, verheiratet, fragte einen Wahrsager über ihr Schicksal; er sagte, sie wird noch heirsten und mit 32 Jahren zwei Kinder haben.

Sie ist nun schon 43 Jahre alt und hat keine Kinder.

Der Wahrsager war in diesem Falle ein Fehlsager. Er erkannte nicht dass sie verheiratet war, so erkannte er nicht die Gegenwart; er versprach auch, was nicht geschah - sie bekam keine Kinder. Nur die Mutter der Frau hat sich mit 30 Jahren verhairatet und hatte im Alter von 32 Jahren zwei Kinder. Der Gedanke an die Mutter konnte, nach Meinung von Freud, die Frau in jener Stunde, wo sie um die Wahrsagung bat, beschäftigen—und Freud sagt dazu: “Ich sehe nur zwei Möglichkeiten der Erklärung. Entweder ist die Geschichte nicht wahr—oder es ist anzunehmen, dass eine Gedankenübertragung als reales Phänomen besteht.”

Ist hier nicht eine dritte Möglichkeit vorhanden, die wir immer im Auge behalten müssen? der Zufall? Besonders, da ein Zufall in diesem Falle gar kein merkwürdiger wäre. Sogar, wenn die Kranke selbst, nicht die Mutter, bin 32 Jahre zwei Kinder geboren hätte, auch dann könnte es noch immer ein sehr gewöhnlicher Zufall sein (und nicht unbedingt Telepathie ihrer Wunschregungen, von Prophezeihung ganz zu schweigen). Konnte es nicht ein sehr einfacher sein, (eine gewöhnliche Berechnung) dass der Wahrsager bis zu 32 Jahren zwei Kinder versprach (keine seltene Erscheinung).

Darum können wir nicht aur Grund von solchen Fällen Freud folgen wenn er sagt: “es bleibt doch vom ganzen (von diesen und gleichen Fällen) ein starker Ueberschuss von Wahrscheinlichkeit zu Gunsten einer tatsächlichen Gedankenübertragung.”

Das dritte Beispiel ist gut. Ein Patient, der seine Schwester liebt und der gegen seinen Schwester Beseitigungsgedanken hat, hört von ei-Hellseher, dass der Schwanger im Jule oder August an ciner Krebs - Austernvergiftung sterben wird. Dies passiert nicht aber, vor diesem Besuch hat der Schwager einmal eine gleiche Vergiftung glücklich überstanden. “Ich weiss für diesen Fall keine andere Erklärung, ausser vielleicht, dass mein Patient sich einen Scherz mit mir erlaubt hat.”

Das vierte Beispiel ist wieder unüberzeugend. Ein Graphologe sagt dem Patienten, “diese Person wird sich gewiss in den allernächsten Tagen umbringen” (dies trat nicht ein). Dies soll der geheime Wunsch des Patienten sein, der von seiner Geliebten sich zu trennen entschlossen war und der Rachegefühle gegen sie hat, da er selbst einmal wegen der (dieser?) Frau einen Selbatmordversuch unternommen hat.

Grade die Versuche, durch analytische Erklärungen die Tatsache der Telepathie zu bekräftigen, werden manchen überzeugend anmuten, und er war darin einen stärkeren Beweis ersehen als in dem keine Erläuterungen fordernden klaren einfachen Geschehen. Wir würden aber in unserer Skepsis in Bezug auf das Genug der Beweise für Anerkennung der Tatsachen als parapsychologischer Art und bei allem Zutraum zu den Ergebnissen der psychologischen Analyse doch ein Geschehan, welches ohne Deutungen (als parapsychologisches Faktum) besteht als das beweiskräftigere bevorzugen im Vergleich mit einer Konstruktion, die erst nach psychoanalytischer Deutung als parapsychologisches Geschehen angeschen werden kann.

Etwas wird doch immer an der Beweisstärke eingebüsst, wenn das zu beweisende (die parapsychische Natur der Erscheinungen) durch ein zweites, das auch erst bewiesen sein muss (die Deutung der Psychoanalyse) erläutert wird.

Beispiel 5 ist ein kleines Konglomerat von Zusammentreffen, wo es schwer zu beurteilen ist, ob Telepatie, Zufall oder unbewusstes Notieren der Tatsachen, (wie auch Freud eine Erklärungsmöglichkeit angibt) vorliegt, und wo die Namen Forsyte und Forsyth zusammentrafen. Auch die Wortverwechslung, Vorsicht von seinem Dame Herr von Vorsicht genannt, liess ihn eine Arbeit des eingetretenen Herrn Forsyth nennen.

“Nach meiner Empfindung neigt sich die Wagschale such hier zu Gunsten der Gedankenübertragung”.

Wir können nicht abstreiten, dass in den angeführten Beispielen die Telepatie als eine der möglichen Erklärungen herangezogen sein kann. Wir finden aber, dass Freud die Bedeutung des Zufalls zu gering abschätzt. Und würden dies wirklich die markantesten Beispiele aus langjähriger psychoanalytischer Lebenserfahrung sein, so müssten wir uns eigentlich noch wundern, dass Freud in einer Spanne von einigen Dezenien nicht schönere Beispiele von Zufällen vorgekommen sind.

Verauchen wir aber, die Stellungnahme von Freud zur Parapsychologie zu analysieren, so werden wir sein zaghaftes Verhalten verstehen.

Als Freud noch der verspotteie Mann war und nur ein kleiner Kreis von Schülern ihn umgab, als die Universitätswissenschaft ihn und seine Werke nicht bemerken wollte und das Publikum sich über das “unmoralische” in seiner Lehre entrüstete, die Spassmacher ihn aber zu Scherz und Spott gewählt hatten, dann war natürlich sein Verlangen, mit keiner Zersplitterung der Kräfte seinen Kampf zu führen. Er konnte unter seinen Degen nicht gleichzeitig nach ein Verhassten und Verlachtes in Schutz nehmen. So wird auch sein Wunsch, seine Lehre nicht als jüdische Lehre auszugeben verständlich. (Die Mehrzahl seiner Schüler waren Juden). Er Wählte C. G. Jung zum Vorsitzenden der Vereinigung der Analytiker, wenn er auch dessen antisemitische Gefühle kannte. Freud hat sich immer stolz und offen als Jude bekannt, hatte aber die grössten Bedenken, seine Lehre als “Jewish Science” gelten zu lassen. Der schwere Kampf um die Analyse sollte nicht um den Kampf gegen den Antisemitismus erschwert sei (s. bei Wittels über die Versammlung in der Zeit des Kongresses und die Worte Freuds).

Auch das Mystische sollte nicht die Analysse anhauchen. Denn was mit Mystizismus zu tun hat ist entweder der Religion oder der Charlatanerie zu nah gekommen. Die erste wird als schlechter Patron für die Wissenschaft angesehen, die zweite ist mit Recht ein ungewunschter Nachbar über all. Darum verspürte Freud, als die parapsychologischen Probleme (Telepatie) zum ersten Mal in seinen Gesichtskreis trat, “die Angst vor einer Bedrohung unserer wissenschaftlichen Weltanschauung, die im Falle, als sie sich Stücke des Okkultismus bewahrheiten, dem Spiritismus oder der Mystik den Platz räumen mässte”.

Diese Angst war nicht so sehr für die ganze Wissenschaft wie für die Zwillingsschwester der Parapsychologie—die Psychoanalyse—die das selbe Objekt (die Seele) und auch oft die selben Phänomene (Spaltung der Persönlichkeit) erforscht. Diese Angst hat auch das “nicht sehen wollen” verschuldet; und später, als die Psychoanalyse aus der Gefahr das Ersticktwerdens im Anfange herausgekommen war, blieb bei Freud immer noch diese Angst, die ihn beinah wie (desto schlechter für die Fakten) sagen lässt: Sogar im Falle die Tatsachen endgültig bewiesen werden, auch dann noch “wir gedenken mit diesen Dingen zu verfahrenwie mit allem anderen Material der Wissenchaft zunächst festzustellen, ob solche Vorgänge wirklich nachweisbar sind und dann, aber erst dann, wenn sich ihre Tatsache nicht bezweifeln lässt, uns um ihre Erklärung zu bemühen. Aber es ist nicht zu leugnen, dass schon dieser Entschluss uns schwer gemacht wird durch intellektuelle, psychologische und historische Momente”. (diese sind die allgemeine Leichtgläubigkeit, und dass in der Welt des Okkultismus eigentlich nichts neues vorgeht, - was in unseren Augen allerdings nicht als negatives sondern als positives Merkmal zu werten wäre).

Und zum Schluss der Ueberlegungen kommt Freud zu der erleichternden Aussage: “Und was besonders die Gedankenübertragung betrifft, so scheint sie die Ausdehnung der wissenschaftlichen - Gegner sagen: mechanischen - Denkweise auf das so schwer fassbare geistige gradezu zu begünstigen”.

Auch die Unzulänglichkeit der meisten Beispiele ist aus demselben ambivalenten Moment herausgekommen: ein Versuch nicht zu sehen und das Bedürfnis, das einmal zum Nicht gesehen werden verurteilte doch zu erblicken und zu verstehen.



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