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30. VI. 1964


Sehr geehrter Herr Dr. Velikovsky!

Vielen Dank für Ihr Schreiben v. 25. d. und für die darin enthaltenen Adressen von Jungianern, die gleichzeitig mit Ihren Ideen vertraut sind und bereits als Ihre Anhänger bezeichnet werden können. Ich werde an Dr. Gerhard Danelius schreiben.

Inzwischen habe ich auf Grund Ihrer Aufforderung, wobei ich mich auch an die mir gegebenen Anregungen hielt, ein Kapitel über The Great Fear fertig gestellt. Es liesse sich darüber unschwer viel mehr schreiben. Ich habe mich kurz gefasst, kann aber von meinem subjektiven Standpunkt aus nicht ersehen, wie weit ich mich klar genug ausgedrückt habe. Je mehr ich in das Material eindringe, desto mehr Unterlagen eröffnen sich der Auffassung, dass am Urbeginn unserer aller Nöte die Angst steht, es könnte der Sonne wieder etwas zustossen. So erklärt H. Oldenberg die Sonnwendgebräuche in Die Religion der Veda, 1923, S. 443, folgend: “Der Sinn scheint klar: die Sonne ist in Gefahr den dunkeln Mächten anheimzufallen, aber es gelingt, sie dem arischen Volk zu erhalten.” Das verbreitetste Kindermärchen der ganzen Welt, die Geschichte vom Rotkäppchen, entstammt demselben Motiv. “Dieser Mythus von den durch Wölfe, Hunde oder Drachen verfolgten und bei Finsternissen verschlungenen Gestirnen ist ziemlich über die ganze Welt verbreitet, und überall glaubt man den bedrängten Gestirnen durch grossen Lärm, Schiessen und Trommeln (um die Ungetüme zu verscheuchen) Beistand leisten zu müssen.” (E. Krause, Tuisko-Land der arischen Stämme und Götter Urheimat, Kap. 23 “Rotkäppchen” , S. 205) Der Autor fährt dann fort: “Denselben Mythus bewahrt das alte Märchen von Rotkäppchen und zwar in seiner allerältesten Form, die Sonne nämlich als Mädchen, der Verfolger als Wolf, der befreiende Himmelsgott als Jäger geschildert” (S. 206). Die Vorstellung, dass die Juden dem Christus (Sol) etwas zu Leide getan haben, eine Anschuldigung, die das Oekumenische Konzil bis zum heutigen Tag zurückzuziehen zögert, ist auf den gleichen märchenhaften, infantilen Hintergrund zurückzuführen. Es wäre an der Zeit, dass ein mit Jungianischen und Velikovskyschen Erkenntnissen ausgestatteter, anerkannter Verfasser der Welt einmal mitteilen würde, in welch kindlich- einfältiger und gleichzeitig barbarischer, gefährlicher und blutgieriger Entwicklungsstufe sie beharrt.

Um die nachfolgende Stelle zu verstehen ist niemand besser ausgerüstet wie Sie: “Auch die Gesamtheit der Götter opferte sich, um die bewegungslose Sonne wieder zu beleben, genau so wie ihr die Menschen geopfert wurden, und viele von ihnen verkörperten sich gelegentlich in die Sonne, genau so wie die Geopferten sie in engster Gemeinschaft geleiten.” (Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft Wien, 1903, XXXIII, S. 163; über mexikanische Sitten).

Ferner: “... mit dem Reiben des neuen Feuers wurde das Jahr und die neue 52jährige Periode eingeleitet und von dem Gelingen desselben hing das Weiterbestehen der Sonne ab” (ibid. S. 157).

Es würde mich freuen, wenn das beigelegte Manuskript, ganz oder teilweise für das geplante Buch, The Great Fear brauchbar wäre.

Ein weiteres Thema, Die Himmlische Hochzeit, (bereits in zwei meiner Texte angekündigt) habe ich ebenfalls bereits abgeschlossen. Es bezieht sich auf ein einschneidendes, in Worlds in Collision hervorgehobenes Ereignis, stellt gleichzeitig die archetypische Urscene anschaulich dar und gibt den Freud’schen Grundideen eine überraschende, ins Kosmische hinübergleitende Wendung. Das Grundgerippe, das eine oft angedeutete, jedoch niemals zur Gänze verstandene Idee behandelt, wäre u. U. zur Veröffentlichung reif. Dazu käme noch ein reiches Material an Fussnoten und Ergänzungen, die je nach Ermessen angefügt, durch Umbau inbegriffen oder auch weggelassen werden könnten. Das Ganze ist ziemlich umfangreich und bevor ich es aus der Hand gebe, müsste entsprechend Ihrem Rat: “...somebody there [...] promise to take care of the typescript and read it and, if possible, suggest some plan for its publication in the form as it is or revised.”

Da Sie mir schreiben, dass Sie meine Sphinx (der aufgeprägte Haarsternstempel bringt jedenfalls einen gewissen Beitrag zu einem uralten nach Lösung drängendem Problem und Fragestellung) ev. verwenden können, bitte ich Sie sie zu behalten und mich am Laufenden zu halten.

Mit vielen herzlichen Grüssen



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